Bericht von der Europ.Koordination der Euromärsche am 7.2. in Brüssel

anwesend: D, F, B, NL, Katalonien, GB.
aus D: Gitti, Hugo, Judith, Ali Thür., Angela.
Die Tagesordnung gliederte sich entlang der Aktionstermine.

1. Länderberichte

Zunächst berichtete jedes Land über den Stand der Erwerbslosenbewegung und der Euromärsche.

B: Mehr Kräfte fordern jetzt soziale Rechte auf europ.Ebene ein, darunter Attac und die Gewerkschaften.
Die flämische und wallonische Sozialdemokratie hat zusammen mit den Gewerkschaften und Oxfam einen »Aufruf für ein solidarisches Europa« verfaßt, der sich vor allem auf die Forderung konzentriert, die Grundrechtecharta von Nizza in die europ.Verfassung zu integrieren.
In Attac B ist diese Forderung umstritten; die ablehnende Argumentation von Marie-Paule Connan und von Corinne Gobin gewinnt an Boden.
siehe Punkt 5

D: Wir haben über die Hartz-Offensive berichtet; die neue Offenheit, die man in gewerkschaftlichen Kreisen gegenüber den Argumenten der GlobalisierungskritikerInnen findet; die wachsende Kluft zwischen Ost und West, die die Hartz-Vorschläge schaffen (die Arbeitslosigkeit wird dadurch zunehmen, nicht abnehmen); der Bezug zur allgemeinen Demontage der sozialen Sicherungssysteme; der wachsende Druck der Union auf die Gewerkschaften; die abnehmende Kraft der Erwerbslosenbewegung.

F: Die neue konservative Regierung hebelt derzeit eine Reihe von Gesetzen der Vorgängerregierung aus, die fortschrittlicher waren. Am 20.Dezember letzten Jahres hat die Regierung mit den Gewerkschaften und den Unternehmern ein Abkommen unterzeichnet, in dem die Bezugsdauer für Arbeitslosengeld verringert und die Anspruchsvoraussetzungen angehoben werden. Dagegen gab es wenig Widerstand.
Dem steht gegenüber, daß es im Bereich prekärer Beschäftigung eine Vielzahl kleiner Kämpfe gibt, die jedoch zersplittert sind.
Örtlich entstehen jetzt viele Sozialforen, an denen die Erwerbslosenorganisationen und Attac teilnehmen. Hier wird auch über die EU, den Konvent und die sozialen Rechte diskutiert.
Der Weltspartag hat in Frankreich erfolgreich eingeschlagen als europaweiter dezentraler Aktionstag für ein garantiertes und auskömmliches Mindesteinkommen. Der Wunsch besteht, ihn unbedingt zu wiederholen.

Die Obdachlosen aus Belgien beklagten die geringe Teilnahme der Betroffenen an den europäischen Treffen. Deren Charakter müsse sich ändern.

Alle stellten fest, daß die Arbeitslosigkeit in der EU insgesamt im vergangenen Jahr wieder angestiegen ist – trotz der Politik des »aktivierenden Sozialstaats«, die seit Luxemburg 1997 betrieben wird.

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Chronologie

 

Länderberichte

Europäisches Sozialforum

Versammlung für die sozialen Rechte

Europäischer Aktionstag des EGB

Schlußbericht des Konvents

Broschüre zur Erwerbslosigkeit in Europa

Termine

2. Die Euromärsche im Europäischen Sozialforum

Es besteht der Wunsch, das Thema soziale Rechte/Mindesteinkommen sichtbarer zu einem Schwerpunkt des ESF zu machen. Es soll nicht nur auf Spezialkonferenzen beschränkt, sondern ein Querschnittsthema sein. Gleichzeitig will man das SF in Paris (im November 2003) für spektakuläre Aktionen gegen Erwerbslosigkeit und prekäre Beschäftigung draußen nutzen.
Zentrale Aufgabe für das ESF ist, die Frage zu beantworten: Wie komme ich zum ESF? Dafür will man erreichen, daß das ESF die Initiative »Solidar-Ticket« unterstützt. D.h. Normalverdienende zahlen für ihre Anfahrt etwa 10% mehr, damit Erwerbslose, Obdachlose, MigrantInnen umsonst fahren können.
Die Europäische Erwerbslosenversammlung muß einen zentralen Stellenwert im ESF bekommen. (es gab auch eine Stimme, die die Frage stellte, ob es Sinn macht, es an einem Nachmittag wie in Florenz durchzuführen).

Die Euromärsche beteiligen sich auch an der Initiative von No Vox (ein Netzwerk der Ohne Rechte – Erwerbslose, Wohnungslose, ohne Papiere), erneut Märsche durchzuführen. Eine entsprechende Versammlung von No Vox hat parallel zum ESF-Vorbereitungstreffen in Brüssel stattgefunden. Es gibt seit Florenz einen Aufruf dazu, der auch von der Europäischen Erwerbslosenversammlung akklamiert wurde.

  • Im Gespräch sind die Durchführung einer dezentralen Aktionswoche im Juni zeitgleich zum EU-Gipfel in Saloniki (da wir nicht in der Lage sein werden, nach Saloniki zu mobilisieren, und die Lage in der griechischen Bewegung unübersichtlich ist).
  • Und die Durchführung eines regionalen Marsche in der Region Paris zum ESF hin. Aktionen vor dem ESF sollen die Bedeutung des Themas »Erwerbslosigkeit, Armut und prekäre Beschäftigung« herausstreichen.
  • Wir wollen, daß das Thema soziale Rechte auf dem ESF stärker verbunden wird mit einer Auseinandersetzung über die derzeitige Entwicklung in der EU (Konvent und Verfassung).

Über das Konzept der Europäischen Erwerbslosenversammlung muß neu nachgedacht werden.

3. Versammlung für die sozialen Rechte in Brüssel

Die Versammlung findet nun definitiv am 16.März statt. Ihre Hauptträger sind das französische Kollektiv für die Bürgerschaft und die Grundrechte (CCDF), die katalanische »Carta de los derechos sociales« (Carta für die sozialen Rechte) und die Euromärsche.
Das CCDF hatte einen Entwurf für eine Liste der sozialen Rechte erstellt, von denen wir wollen, daß sie in einer europäischen Verfassung verankert werden.

  • Die Versammlung im März hat zunächst einmal den Zweck, sich auf einen solchen Grundrechtekatalog zu einigen. Von Seiten der Euromärsche gibt es am Entwurf einige Einwände, die wir vorbringen werden.
  • Wir legen Wert darauf, daß die Erwerbslosengruppen aus Polen an der Versammlung teilnehmen und müssen uns überlegen, wie wir ihnen die Reise finanzieren können.
  • Wir wollen auf der Versammlung auch den Aufruf von NoVox und den EM für Märsche im Herbst präsentieren. Allerdings muß dafür ein viel kürzerer und prägnanterer Aufruf geschrieben werden als er in Florenz formuliert wurde.
  • In Anlehnung an das sehr negative Urteil von MP Connan über die Ergebnisse der AG Soziales Europa im Konvent schlagen wir vor, daß die Versammlung sich auf eine Resolution verständigt, die dieses Ergebnis kritisiert und die volle Einbeziehung der sozialen Rechte in die Verfassung fordert.
    Ein weiterer Vorschlag war, europaweit eine Unterschriftensammlung dafür zu lancieren. Es könnten auch solche Kräfte unterschreiben, die gleichzeitig dafür sind, die Grundrechtecharta wie sie ist in die Verfassung aufzunehmen.

(Zur Erklärung: Auf der Versammlung im März werden sich Personen treffen, die für eine Integration der Charta in die Verfassung sind, und solche, die dagegen sind. Beide eint der Wunsch, mehr soziale Rechte in der Verfassung verankert zu sehen.)

In Spanien und Italien will man einen Volksentscheid über den Verfassungsvertrag herbei führen.

Es gab die Anregung, nicht nur für eine Verankerung der sozialen Grundrechte zu kämpfen, sondern auch für die bürgerlichen und politischen Grundrechte.
Ein Vermittlungsvorschlag war: soziale Rechte und Freiheiten (worunter auch Transport zum Nulltarif für Menschen ohne oder mit geringem Einkommen und Niederlassungsfreiheit fallen).

Europäischer Aktionstag des EGB

Der EGB führt am 21.März einen europäischen Aktionstag durch. Wir haben uns erkundigt, was der DGB dazu beiträgt. Nachstehend die Ergebnisse der Ermittlungen, die Norbert Cultus durchgeführt hat. Er schrieb am 6.2.:

« Nach Auskunft des Kollegen Buschak beim EGB in Brüssel ist ihm nichts aus Deutschland bekannt. Er verwies mich an den Kollegen Lutterbach beim DGB. Der Termin 21.03.2004 ist dem Kollegen Lutterbach bekannt, da würde man in Brüssel eine Menschenkette um die Europäischen Institutionen bilden. Was der DGB in Deutschland machen will wird erst im Februar beraten, aber sicherlich nichts mit Organisation der »Massen«.

Ein Telefonanruf beim HV der IGM Koll. Thieron ergab einen ähnlichen Kenntnisstand und Einsschätzung der Lage. Der Vorstand der IGM wird sich ebenfalls Mitte Februar damit befassen, was man denn zum EU-Convent machen will.
Bezüglich des 21. März ist wohl nichts von den deutschen Gewerkschaften zu erwarten.

Allerdings hatte mich der Koll. Buschak auf eine Veranstaltung von ver.di unter dem Titel »Die EU als Wertegemeinschaft - Wie solidarisch ist Europa?« am 16.01.03 in Berlin aufmerksam gemacht. Dort hatten ver.di Funktionäre des Apparates aber auch aus Betrieben und Bidungseinrichtungen eingeladen, sich mit der Verfassungsproblematik zu bschäftigen. Die Veranstaltung an der Hans Hagen und ich teilnahmen und an der auch Gabaglio und Bsirske die ganze Zeit anwesend waren, war sehr ordentlich. Ich habe als Vertreter von #187;euromarsch« zwei Redebeiträge geleistet und vor dem Plenum auf den 21.März hingewiesen. »

5. Schlußbericht des Konvents

Der Konvent wird seinen Schlußbericht vor dem EU-Gipfel in Saloniki im Juni vorlegen. MP Connan äußerte sich sehr negativ über den Stand der Berücksichtigung der sozialen Rechte. Sie hob vor allem drei Punkte hervor:

  • von sozialen Grundsätzen und Werten ist nur im allgemeinen die Rede; es werden keinerlei Instrumente benannt, wie diese einzulösen wären.
  • die Grundrechtecharta ist der einzige Referenzpunkt für die sozialen Rechte geblieben. Der Bezug auf die Europäische Menschenrechtskonvention und die Europäische Sozialcharta, der in Nizza noch vorhanden war, wurde nun herausgenommen.
  • Das Soziale wird nur noch als politisches Ziel, nicht als Recht formuliert. Dies muß man in Verbindung damit sehen, daß die Währungsunion keinen Verweis auf eine notwendige Umverteilung des Reichtums kennt. Soziales kann sich unter diesen Umständen nur noch durchsetzen, wenn es karitativ ist.
  • Hinsichtlich von Art. 137 der Grundrechtecharta – Einführung der Beschlußfassung mit qualifizierter Mehrheit – schlägt die AG des Konvents vor, die Fragen Kündigungsschutz, Tarifverträge und Mitbestimmung sowie Beschäftigung von Angehörigen dritter Staaten der Beschlußfassung mit qualifizierter Mehrheit zu öffnen, nicht jedoch die soziale Sicherheit und der soziale Schutz der Arbeitnehmer. Dieser soll nach wie vor dem Prinzip der Einstimmigkeit unterliegen.

Es gab Konventsmitglieder, die unsere Forderungen vorgetragen haben. Es waren zwei: die Aufnahme eines garantierten und auskömmlichen Mindesteinkommens als ein Recht in den Verfassungsvertrag; die Aufhebung der Beschränkung, daß die Beschäftigungspolitischen Leitlinien den Vorgaben der Großen Wirtschaftspoliischen Orientierungen zu folgen haben.
Ersteres wurde abgelehnt; das zweite ist noch nicht ausdiskutiert, aber die Hoffnungen sind gering.

Zu den Schlußfolgerungen aus der Debatte: s.Pkt.3.

In Saloniki werden wir wie gesagt kaum sichtbar demonstrieren können. Allerdings hat der EGB wohl dort wieder eine Demonstration beschlossen. Unser Vorschlag ist, eine Pressekonferenz in Saloniki zum Thema Soziale Rechte und Mindesteinkommen durchzuführen.

Schlußbericht
(externer Link)

Stellungnahme

 

 

 

6. Broschüre zur Entwicklung von Erwerbslosigkeit und prekären Beschäftigung in Europa

Jean-Guy hat den Vorschlag entwickelt, entlang eines bestimmten, für alle Länder gleichen Fragekatalogs ein grundlegendes Informationsmaterial für die Erwerbslosenbewegungen in den verschiedenen europäischen Ländern zusammenzutragen. Die Broschüre sollte bis Jahresende fertig sein und wir sollten versuchen, mit diesem Material eine politische Initiative mit Blick auf die Europawahlen 2004 zu starten. In den jeweiligen Ländern bilden sich Arbeitsgruppen, die die Koordination des Materials organisieren.

7. Termine

  • Die nächste Europäische Koordination der Märsche soll wieder am Vorabend des Vorbereitungstreffens des ESF stattfinden. Das nächste dieser Treffen findet am 11./12.April in Berlin statt. Die nächste Europäische Koordination der Märsche würde also am Freitag, dem 10.4., ebenfalls in Berlin stattfinden. Die Euromärsche aus D haben die Verpflichtung, sich um die entsprechende Logistik zu kümmern.
  • Am 27. und 28.September wollen wir ein größeres Wochenende der Europäischen Märsche durchführen. Es soll den europäischen Aktionstag am 30.10. (Weltspartag) vorbereiten (u.a. ist eine vorbereitende Aktionswoche im Gespräch), sowie unser Auftreten auf dem ESF.

Angela Klein
9.2.2003

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