Europäische Märsche
gegen Erwerbslosigkeit, ungeschützte Beschäftigung und Ausgrenzung

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Solidarität mit dem linken französischen Nein:

Ein Appell von 200 EuropäerInnen

Der Prozess der Ratifizierung des europäischen Verfassungsvertrags in den 25 Mitgliedsländern leidet unter einem erschreckenden Mangel an Diskussion, an Demokratie und untersagt es einer großen Zahl an europäischen BürgerInnen, ihre Meinung in einer Abstimmung zum Ausdruck zu bringen.

Angesichts dieser liberalen Verfassung, die uns von oben aufgezwungen wird, gibt es überall in Europa immer mehr Kritik, Proteste und Suche nach Alternativen.

Damit Europa einen anderen Weg einschlagen kann, den der Demokratie, der sozialen Gerechtigkeit, der Solidarität, der individuellen Rechte, der Aktion für den Frieden und für einen neues Entwicklungsmodell, haben wir die grosse Hoffnung, dass das linke französische nein anlässlich des Referendums am 29. Mai die Mehrheit erringen wird.

In der Folge des »Appell des 200« , der in Frankreich die Entwicklung einer einheitlichen Kampagne und eine sehr starke Dynamik gefördert hat, lancieren wir einen Appell von 200 EuropäerInnen.
In Solidarität mit dem linken französischen Nein.
Um in ganz Europa die notwendige Mobilisierung gegen diese Verfassung zu fördern.

Eine Mehrheit für ein linkes Nein mit einer starken antiliberalen Komponente am 29. Mai in Frankreich, würde eine Chance, eine Hoffnung für ganz Europa darstellen.

  • Es wäre eine grosse Unterstützung für die ständig notwendigen Mobilisierungen der BürgerInnen der Union. Es würde das derzeit für Arbeitswelt und Kultur, für die Mehrheit der Bevölkerung ungünstige Kräfteverhältnis zum Positiven verändern. Die Neuverhandlungen müssten diese Realitäten berücksichtigen.
  • Dieses »Nein« würde den Sorgen und Erwartungen aller europäischen Völker entgegenkommen, es würde bedeutende Energien freisetzen, die progressiven und antiliberalen Kräfte ermutigen, ihre Kämpfe und konkreten Forderungen in Verbindung mit der Kritik an dieser Verfassung zu entwickeln.
  • Ein solches Nein würde ein Signal darstellen, würde die kritische Debatte in den Organisationen, Gewerkschaften, Bewegungen, Institutionen, Medien, in allen unseren Gesellschaften beflügeln. Wie in Frankreich bereits geschehen, würde eine tatsächliche Kenntnis dieser ausgesprochen neoliberalen Verfassung zu deren Ablehnung und zur Forderung nach einer neuen Orientierung des europäischen Aufbaus führen. So könnte eine konstruktive Debatte über den Sinn des europäischen Aufbaus aufkommen, was die einzige Art und Weise wäre, das Unbehagen zu überwinden, das sehr deutlich bei den letzten Europawahlen zum Ausdruck gekommen ist.

Wir teilen die Auffassung der Kräfte des linken Nein in Frankreich, dass dieser Verfassungsvertrag unannehmbar ist für alle, die

  • ein demokratisches Europa wollen, da der Verfassungsvertrag ein regelrechtes politisches Programm enthält, nämlich das des Neoliberalismus. Da seiner Revision Bedingungen zu Grunde gelegt werden, die eine solche praktisch unmöglich machen (vergleiche IV-443 im Vertrag). Da das demokratische Defizit bestehen und die Rolle des Parlaments und der Bürger sehr eingeschränkt bleibt (III-173; III- 304; I-40; III 376/377)
  • ein soziales Europa wollen, da die Gesamtheit des Textes auf der Vorschrift einen »Binnenmarktes mit freiem und unverfälschten Wettbewerb« (I-3; III- 177/178) herzustellen beruht. Da politische Ziele wie die Preisstabilität (I-3,; I-30; III-177 und 185) und der Stabilitätspakt (III-184) Verfassungsrang bekommen. Da eine Vielzahl von Artikeln Regeln einsetzen, die Standortverlagerungen (III-144), Liberalisierung der Dienstleistungen (III-148), Ausdehnung des Wettbewerbsprinzips auf die ganze Union (III-151/6b) begünstigen. Da diese Verfassung die öffentlichen Dienstleistungen verurteilt und sie nicht mehr, wie noch im Vertrag von Nizza, in den Artikel über die gemeinsamen »Werte« (I-2) aufnimmt, sondern nur noch das eingeschränkte Konzept der »Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse« gelten lässt.
  • ein rechtsstaatliches Europa wollen, da die in der Charta der Grundrechte (Teil II) erklärten Rechte unzureichend sind oder eingeschränkt werden (»das Recht zu arbeiten« anstelle des »Rechts auf Arbeit«, II-75; das Recht auf eine »soziale Unterstützung« anstelle eines Rechts auf Einkommen, II-94/3), da die Charta kein europäisches Sozialrecht schafft, das geeignet wäre, das Recht des Wettbewerbs aufzuwiegen, und die Umsetzung dieser Rechte zudem noch von den »einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten« abhängig gemacht wird. Weil die Sozialpolitik, die durch europäische Rahmengesetze erlassen werden könnte, »anerkannte Befugnisse« der Mitgliedsstaaten nicht berührt und dadurch jede soziale Harmonisierung untergraben wird (III- 210). Weil die patriarchale und liberale Orientierung des Vertrags negative Auswirkungen auf die Rechte der Frauen hat, insbesondere das auf Abtreibung.
  • ein friedliches Europa wollen, das in Brüderlichkeit mit allen Völkern der Welt lebt und sich für eine andere Welt einsetzt, da der Vertrag die europäische Verfassung an die NATO bindet (I-41/7), die Länder zur Militarisierung und zur Entwicklung ihrer Rüstungskapazitäten verpflichtet (I-41), nicht die Anerkennung der UNO-Charta integriert, die Europäische Union auf die weitere Liberalisierung des Welthandels festlegt (III- 314).

Das linke französische Nein wird unser Nein sein!
Damit ein anderes Europa möglich wird.

  Unterschriften
www.appeldes200.net